ČESTITAMO!
Kärntner des Tages 11.12.2016
Engelbert Logar: Er weiß, wie die Dörfer klingen
Der 57-jährige Engelbert Logar erhält heuer den Kärntner Kulturpreis. Der aus einer slowenischen Bergbauernfamilie stammende Ethnomusikologe erkennt Kärntner Dörfer an ihrer Stimme.
Über 200.000 Klicks auf Youtube für Lieder, die er für Chöre arrangiert hat! Für den 57-Jährigen ist „das doch ein Indiz, dass meine Arbeit angenommen wird“. Engelbert Logar, im Freundes- und Familienkreis einfach der Bertej und mit dem Ruf, schon als ernsthafter Wissenschafter zur Welt gekommen zu sein, hat bereits 1994 mit dem Walter Deutsch-Preis den Staatspreis für Volkskultur erhalten. Den Kärntner Kulturpreis hat er „nicht erwartet“. Warum er ihn nun bekommt, wollte er trotzdem ergründen.
Die vielen Klicks sind eine schöne Bestätigung für den Ethnomusikologen, den man beim Singen sowieso nichts vormachen kann. Der aus einer slowenischen Bergbauernfamilie stammende Forscher mit Hang zur Statistik hat sogar die Anzahl der Proben und Konzerte der 38 Chöre, die er seit 1976 geleitet hat, im Kopf. Bereits während des Studiums in Graz arbeitete Engelbert Logar in den Ferien in der volkskundlichen Abteilung des Christlichen Kulturverbandes. Er transkribierte unzählige Tonbandaufnahmen aus den 1950er- und 1960er-Jahren und hat Dutzende Bücher veröffentlicht, darunter die Reihe „Vsaka vas ima svoj glas“ (In jedem Dorf klingt es anders).
Logar kennt die regionalen Unterschiede in der Art des Singens, weiß also sofort, wer singt: „Die Jauntaler eher nicht mit der dritten Überstimme und schneller, die Rosentaler langsamer und mit dritter Überstimme.“ Wieso viele im Kärntner Gesang slawische Melancholie zu hören glauben? Seine Antwort: „Weil auch die Deutschkärntner auf die slowenische Art singen.“ Nirgends sei der Gesang so mehrstimmig wie in Kärnten. Als weitere Eigenart nennt Logar den Dreiertakt, während andere Deutschsprachige im Zweiertakt singen.
„Das Volkslied braucht man nicht zu pflegen, das lebt weiter, weil es in den Menschen drinnen ist“, zieht er die Trennlinie zur volkstümlichen Musik.
Als Wochenend-Bergbauer bewirtschaftet Bertej Logar den Hof in Graditschach/Gradiče hoch über dem Jauntal mit Blick auf das Liaunig-Museum, sitzt Sonntag für Sonntag in Neuhaus/Suha an der Kirchenorgel, pendelt zwischen Graz und Althofen, wo er am BORG Musik unterrichtet. Daneben die Chöre, die CD-Aufnahmen, die vielen Publikationen (aktuell Heft 43 seiner Reihe „Pesmi in glasba iz južne Koroške) – der vierfache Vater, der seit 1989 penibel Tagebuch führt, ist gut organisiert. Er ist katholisch erzogen und gläubig, aber nicht mit der Mutter seiner drei jüngeren Kinder Nina (16), Eva (14) und Simon (10) verheiratet. Vom Gendern bei Postenbesetzungen hält Logar nicht so viel, ähnlich verhält es sich mit der Politik. „Ich sehe Politik als entzweiend.“ Zur Minderheitenpolitik meint Bertej Logar eher knapp, dass „es nach 90-prozentiger Assimilation leicht ist, großzügig zu sein“. Die Musik dagegen sei verbindend.
Ob er schon weiß, was er bei der Kulturpreis-Verleihung am Donnerstag sagen möchte? Engelbert Logar denkt kurz nach und muss dann weiter ausholen, zurück ins Jahr 1977: Als Maturant kam er in Bleiburg dazu, als Polizisten eine auf einem Privatgrund aufgestellte zweisprachige Ortstafel entfernten. Unter dem Applaus von Hunderten Kärntner-Anzug-Trägern, die „Deutschland, Deutschland über alles“ gesungen und „Ho-ruck übern Loibl“ skandiert haben. „Das hat mich abgestoßen, aber der Preis hebt das auf“, sagt er.
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Kulturpreis des Landes geht heuer an Musikethnologen
Der Musikethnologe Engelbert Logar (57) erhält den Kulturpreis des Landes Kärnten 2016. Neu ist heuer im Schwerpunktjahr „Freie Kulturinitiativen“ ein diesbezüglicher Anerkennungspreis.
Mit Engelbert Logar (geb. am 10.8.1959 in Kärnten) wird ein Liedforscher ausgezeichnet, der insbesondere durch den unermüdlichen Einsatz um die Bewahrung und Verbreitung des slowenischen Liedguts im deutschsprachigen Raum geschätzt wird. Logar begann bereits während des Lehramtsstudiums (Geschichte und Musikerziehung) in Graz in der volkskundlichen Abteilung des Christlichen Kulturverbandes mitzuarbeiten. Seit 1986 leitet er das Institut für Ethnomusikologie an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Graz.
Der engagierte Ethnologe transkribierte unzählige Tonbandaufnahmen aus den 1950-er und 1960-er Jahren, die von Dr. Jerko Bezič und Dr. France Cigan aufgenommen wurden. Ebenso bearbeitete er Lieder und digitalisierte das gesamte Tonmaterial aus dem Archiv der Slowenischen Abteilung des ORF-Landesstudios. Kopien der digitalisierten und beschrifteten Tonbänder wurden dem Christlichen Kulturverband zu Studienzwecken übergeben. In der Serie „Vsaka vas ima svoj glas“ (In jedem Dorf klingt es anders), in der Dr. Logar Liedgutquellen des Tonbandarchivs des Christlichen Kulturverbandes und Aufnahmekopien der Musikethnologischen Abteilung der Slowenischen Akademie der Wissenschaften und Künste aus dem Jauntal aufgearbeitet hat, erschienen bisher fünf Bände.
Gemeinsam mit dem Slawisten Dr. Ludvik Karničar schreibt er Beiträge für die bis dato 37 Hefte umfassende Serie „Pesmi in glasba z južne Koroške (Lied und Musik aus Südkärnten).
Weitere Preisträger
Würdigungspreise erhalten heuer der Autor Antonio Fian, der auch als Übersetzer geschätzte Geisteswissenschafter Johann Strutz und Markus Lackner (für Baukultur).
Deželna kulturna nagrada Engelbertu Logarju
rkl/kug.ac.at
V zvezi s skupno osmimi pospeševalnimi nagradami (Förderungspreis), ki jih podeljuje dežela, pa sta v zapisu v časniku v sredo imenovana socialni psiholog Daniel Wutti in – za področje literature – Verena Gotthardt. Med prejemniki posebne nagrade (Würdigungspreis) je literarni zgodovinar, komparativist Janez Strutz. Z novo posebno nagrado (Anerkennungspreis) bo dežela odlikovala pobudo iz svobodne scene, društvo „Innenhofkultur“.
Povezava: Engelbert Logar – Umetnostna univerza v Gradcu
Landeskulturpreis für Engelbert Logar
Mit dem Kulturpreis des Landes und den Förderungs- und Würdigungspreisen wolle man die Wertschätzung von Seiten des Landes für besondere Leistungen ausdrücken, so Benger. Mit der Preisverleihung sollen jene die Bühne erhalten, die mit ihren schöpferischen Fähigkeiten besondere künstlerische und kulturelle Pflöcke im Land einschlagen. Kunstschaffende seien laut Benger die Baumeister der kulturellen Identität eines Landes.
Leiter Institut für Ethnomusikologie
Engelbert Logar, 1959 in Kärnten geboren, absolvierte nach der Matura an der Karl-Franzens-Universität in Graz ein Lehramtsstudium in den Fächern Geschichte und Musikerziehung. Bereits während des Studiums begann er in der volkskundlichen Abteilung des Christlichen Kulturverbandes mitzuarbeiten. Seit 1986 leitet er das Institut für Ethnomusikologie an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Graz.
Tonbandaufnahmen transkribiert
Logar transkribierte unzählige Tonbandaufnahmen aus den 1950er und 1960er-Jahren, die von Jerko Bezic und France Cigan aufgenommen wurden. Ebenso bearbeitete er Lieder und digitalisierte das gesamte Tonmaterial aus dem Archiv der Slowenischen Abteilung des ORF-Landesstudios. Kopien der digitalisierten und beschrifteten Tonbänder wurden dem Christlichen Kulturverband zu Studienzwecken übergeben. In der Serie „Vsaka vas ima svoj glas“ (In jedem Dorf klingt es anders), in der Logar Liedgutquellen des Tonbandarchivs des Christlichen Kulturverbandes und Aufnahmekopien der Musikethnologischen Abteilung der Slowenischen Akademie der Wissenschaften und Künste aus dem Jauntal aufgearbeitet hatte, erschienen bisher fünf Bände.
Würdigung für unermüdlichen Einsatz
Die von ihm gestaltete Sammlung des slowenischen Liedgutes aus Österreich ist über das Online-Archiv www.pesmi.at öffentlich zugänglich. Mit der Zuerkennung des Landeskulturpreises, der höchsten Auszeichnung des Landes, sollen die außerordentlichen Leistungen des Ethnologen, insbesondere sein unermüdlicher Einsatz um die Bewahrung und Verbreitung des slowenischen Liedguts im deutschsprachigen Raum, gewürdigt werden.
Alle Preisträger
- Würdigungspreis des Landes Kärnten (Bereich: Literatur): Antonio Fian
- Würdigungspreis des Landes Kärnten (Bereich: Geistes- und Sozialwissenschaften): Johann Strutz
- Würdigungspreis für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Architektur und für Verdienste um die Baukultur: Markus Lackner
- Heuer neu im Schwerpunktjahr „Freie Kulturinitiativen“ Anerkennungspreis für besondere Leistungen im Bereich der freien Kulturarbeit: Verein Innenhofkultur, vertreten durch Raimund Spöck
- Förderungspreis für Bildende Kunst: Mag. Céline Struger
- Förderungspreis für Darstellende Kunst: Leonie Humitsch
- Förderungspreis für Elektronische Medien, Fotografie und Film: Katrin Gruzei
- Förderungspreis für Literatur: Verena Gotthardt
- Förderungspreis für Musik: Mag. Igor Gross
- Förderungspreis für Volkskultur: BlechReiz Brass Quintett, vertreten durch Hannes Burgstaller, Martin Kohlweiss, David Zuder, Nico Samitz u. Peter Kosz
- Förderungspreise für Wissenschaft (Bereich: Geistes- u. Sozialwissenschaften): Daniel Wutti (Bereich: -Naturwissenschaften/Technische Wissenschaften): Michaela Müller
Die Verleihung wird am Donnerstag, dem 15. Dezember 2016 erfolgen.
Kronenzeitung 2.11.2016